DIE NEUE FLOW!
Ab sofort am Kiosk oder per Post zu dir nach Hause bestellen:
die neue Ausgabe von Flow ist da.
Die neue Flow ist ab heute am Kiosk und in unserem Onlineshop zu haben. Das sind die Themen in dieser Ausgabe:
Zufrieden mit mir selbst
Die wichtigste Beziehung in unserem Leben ist die zu uns selbst. Wie wir sie pflegen, indem wir mehr Zeit allein verbringen, ohne uns einsam zu fühlen
Was machst du gerade?
Das haben wir drei Menschen gefragt, die uns inspirieren: Künstlerin Monika Morito, Erzieherin Annerose Ettenhuber und Produktdesignerin Elke Jensen
Kunst, die unter die Haut geht
Tätowierungen sind für ihre Trägerinnen oft viel mehr als nur ein schönes Motiv. Über die Kraft der Bilder auf der Haut
Minikurs: Mit Angst umgehen
Was wir tun können, wenn wir uns unsicher fühlen, und was uns hilft, Ängste zu überwinden
Das Geheimnis guter Beziehungen
Stabile Kontakte zu anderen sind essenziell für unser Wohlbefinden. Psychologin Philippa Perry sagt, wie wir sie pflegen, ohne uns selbst zu vergessen
Mehr Freude an der Arbeit
Wenn der Job immer weniger Spaß macht, kann man selbst einiges dafür tun, um das zu ändern
Porträt: Yoko Ono
Die meisten kennen sie als die Frau von John Lennon. Dabei war die Avantgardkünstlerin schon immer viel mehr
Gehen & mehr
Ein Walking Meeting, ein Coaching in der Natur oder ein Stadtspaziergang mit Audio Guide – fünf bewegende Ideen
Heimweh nach Pakistan
Ausgerechnet in Pakistan hatte unsere Autorin das Gefühl, ganz sie selbst sein zu können, wollte für immer bleiben.
Doch nun darf sie nicht mehr einreisen
In Therapie
In unserer Serie erzählen Menschen über ihre Therapieerfahrung. Diesmal Dieuwertje, die unter einem ausgeprägten
Hyperventilationssyndrom litt
Chatten mit Bedacht
Mails und Textnachrichten stressen uns oft oder erzeugen Missverständnisse. Wie wir dem vorbeugen können, erklärt
Achtsamkeitsexperte Boris Bornemann
Buchtipps für den Herbst
Hier kommen die aktuellen Lieblingsbücher der Flow-Redaktion
Papierextras: Papiermobile und Lesezeichen
Das Titelbild hat die Illustratorin Bea Müller gestaltet.
Wir wünschen dir viel Freude beim Lesen und Entdecken!
LESEPROBEN aus der neuen FLOW
FLOW Nummer 85
Zufrieden mit mir Selbst
Eine der wichtigsten Beziehungen in unserem Leben ist die zu uns selbst. Wie wir sie pflegen, indem wir Zeit allein verbringen, uns dabei aber nicht einsam fühlen, untersucht Journalistin Annemiek Leclaire
Neulich traf ich mich mit einer Freundin zum Abendessen in einem gemütlichen Restaurant in der Altstadt. Als wir Platz nahmen, fiel mir am Nachbartisch eine Frau auf, die gedankenverloren ein Buch las. Sie war allein und schien so in ihre Lektüre vertieft, dass sie das Kommen und Gehen um sie herum gar nicht bemerkte. Ich fragte mich, ob ihre Verabredung sich wohl verspätet hatte. Doch als ihr Essen kam und sie ihr Buch lächelnd zur Seite legte, wurde mir klar, dass sie auf niemanden wartete. Sie hatte offenbar eine Verabredung mit sich selbst. Komisch, dachte ich: Wieder war ich in die gleiche Vorurteilsfalle getappt und hatte die Frau ein wenig dafür bemitleidet, dass sie allein am Tisch saß. Dabei sollte ich es doch längst besser wissen.
Als sie gegangen war, tauschte ich mich mit meiner Freundin darüber aus. Wir sind beide getrennt, ich schon seit Jahren, sie noch relativ frisch. Im Gespräch stellten wir fest: Es sind doch immer wieder die gleichen Vorurteile, die einem begegnen. Wer allein ist und Dinge ohne Begleitung unternimmt, erweckt schnell das Bild einer einsamen Person, die abends traurig auf dem Sofa sitzt; einer Person, die scheinbar keine:n Partner:in und nicht genügend Freund:innen hat, die sie begleiten würden. Seit meine Freundin vor ein paar Monaten bei ihrem Partner ausgezogen ist, erhielt sie eine ganze Reihe gut gemeinter Ratschläge, um schnell wieder jemanden zu finden. Und offenbar trage auch ich noch immer solche Vorurteile in mir. Doch egal, ob jemand nun tatsächlich Single, alleinlebend oder einfach nur allein unterwegs ist: Weshalb wird Alleinsein so häufig mit Einsamkeit gleichgesetzt und negativ bewertet? Liegt nicht eine große Chance darin, wenn wir uns selbst eine gute Gesellschaft sein können und uns von der Anwesenheit anderer unabhängig machen? Und lässt es sich lernen, allein zu sein, ohne sich dabei einsam zu fühlen – auch wenn man sich damit bisher vielleicht schwergetan hat?
NUR VORÜBERGEHEND
Auf der Suche nach Antworten verabrede ich mich mit der Journalistin und Autorin Nathalie Le Blanc. Obwohl das Alleinleben so viele Menschen betrifft, sei es bisher wenig erforscht, sagt sie. „Wenn es eine Gruppe gibt, die zu wenig Aufmerksamkeit erfährt, dann die der Alleinlebenden. Sie verschaffen sich aber auch kein Gehör, weil viele von ihnen glauben, ihre Situation sei vorübergehend und würde sich früher oder später wieder ändern.“ Auch die heterogene Zusammensetzung der Gruppe trage dazu bei, dass Alleinlebende keine Lobby haben: „Die 18 Jährige, die gerade von zu Hause ausgezogen ist, der 50-Jährige, der von seiner Frau verlassen wurde, oder die 93-jährige Witwe – sie alle gehören dazu“, sagt Le Blanc. Interessanterweise bilden diese Personen statistisch gesehen heute eher die Norm als eine Ausnahme, denn der Einpersonenhaushalt ist innerhalb der EU der häufigste Haushaltstyp. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der EU Statistikbehörde Eurostat. In Deutschland lebt jede:r Fünfte allein. Damit hat sich der Anteil von Ein-Personen-Haushalten hierzulande seit den 1950er-Jahren mehr als verdoppelt. Auch die Zahl Alleinerziehender ist gestiegen, 2023 gab es in Deutschland 2,97 Millionen Ein-Eltern Familien. Allein zu leben ist also ziemlich normal. Dennoch haben viele dieser Menschen das Gefühl, mit ihnen würde etwas nicht stimmen.
Weiterlesen in der aktuellen Ausgabe von Flow
Flow Nummer 82
zurück ins gleichgewicht
Psychische Probleme haben oft mit unserem Arbeitsumfeld zu tun oder äußern sich dort. Das nehmen immer mehr Unternehmen ernst und unterstützen die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden, indem sie Onlinesitzungen mit Psycholog:innen organisieren
Der schönste Tag des Jahres 2022 war für mich der, als ich mit einem Freund in seinem kleinen grünen Subaru über holprige Landstraßen durch die ungarische Landschaft tuckerte, ein paar Stunden Fahrt von meinem Wohnort Budapest entfernt. Es war Juni, die Sonne schien, und überall blühte der Holunder – das war auch der Grund für unseren Ausflug. Mit einer Heckenschere bewaffnet stieg ich irgendwo neben einer Wiese aus und machte mich auf die Suche nach den duftenden weißen Büschen. Am Ende des Tages kehrten wir mit zwei großen Ikea Taschen voller Holunderblüten zurück nach Hause; meine Latzhose war vorne ganz gelb vom Blütenstaub, und ich glücklich.
INNERES BLUMENPFLÜCKEN
In dem Buch Tomorrowmind, geschrieben von der Ärztin Gabriella Rosen Kellerman und dem Psychologen Martin Seligman, stieß ich später auf einen Erklärungsansatz für das Glücksgefühl, das ich an diesem Tag verspürte: Von allen Aufgaben, die es gibt, ist mein Kopf scheinbar am besten zum Pflücken wilder Blumen geeignet. Denn die Entwicklung des menschlichen Gehirns verläuft langsam; evolutionär betrachtet haben wir sozusagen erst vor Kurzem begonnen, unseren Lebensunterhalt auf moderne Art und Weise zu verdienen. 200 000 Jahre lang waren wir Jäger:innen und Sammler:innen (was in der Praxis vor allem bedeutete, Wildpflanzen zu pflücken), dann 10 000 Jahre lang Bäuerinnen und Bauern. Erst vor 300 Jahren begann das Industriezeitalter, in dem sich unser Arbeitsalltag allmählich dahin veränderte, wie wir ihn heute als moderne Menschen des 21. Jahrhunderts kennen.
Ein normaler Arbeitstag in meinem Leben sieht – wie bei wahrscheinlich vielen anderen auch – ganz anders aus als jener Tag im Juni: Ich verbringe ihn in der Regel allein und sitze die überwiegende Zeit am Computer. Wenn überhaupt, gehe ich nur für einen kurzen Spaziergang durch die städtische Umgebung vor die Tür. Nachdem ich viel gearbeitet habe, kann ich mich nur selten aufraffen, Leute zu treffen, und verbringe abends deshalb noch mehr Zeit alleine. Diese Umstände hätten eine unmittelbare Auswirkung auf mein psychisches Wohlbefinden, argumentiert Martin Seligman. Würde ich hingegen jeden Tag mit einem Freund Holunderblüten ernten, ginge es mir viel besser.
Dass unser tägliches Arbeitsumfeld einen großen Einfluss auf unsere Psyche hat, erkennen zum Glück immer mehr Unternehmen. Gleichzeitig wächst das Verständnis für psychische Beschwerden, und es gibt ein Bewusstsein dafür, dass wir uns auch dann innerlich schlecht fühlen können, wenn wir produktiv arbeiten oder unsere Kolleg:innen mit einem fröhlichen „Hallihallo!“ begrüßen. Oft liegt das an Faktoren im Privatleben, mit denen umzugehen gerade schwerfällt und die dann wiederum ins Arbeitsumfeld hinüberschwappen. So oder so können wir mental beeinträchtigt sein, ohne an einer Krankheit zu leiden, sagt die Psychologin Helen van Empel. „Die Vorstellung, dass man entweder ‚etwas hat‘ oder nicht, ist heutzutage überholt.“
Aus diesem Grund hat van Empel 2020 das Unternehmen Yet gegründet, das psychologische Hilfe in einzelnen Onlinesitzungen anbietet. Zu den Kunden zählen neben Privatpersonen auch immer mehr Arbeitgebende, denen die mentale Gesundheit ihrer Angestellten am Herzen liegt. Sie können über die Plattform eine Therapiestunde mit zertifizierten Psycholog:innen für ihre Mitarbeitenden buchen, wenn deren Probleme über das hinausgehen, was sich im Arbeitskontext lösen lässt. Das Besondere: Schon ein einziges vertrauliches Gespräch mit den Expert:innen soll dabei helfen, die aktuelle Situation zu verbessern.