Achtsamkeit für jeden Tag
Die Kraft der Zuversicht
Wie wir morgen leben, hängt auch davon ab, wie wir heute handeln. Wie es gelingt, Schwierigkeiten standzuhalten und optimistisch zu bleiben, erklärt Boris Bornemann
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Was bedeutet Zuversicht genau, und wie unterscheidet sie sich von Optimismus und Hoffnung?
Wer zuversichtlich ist, glaubt, dass eine gute Zukunft möglich ist. Wer sehr zuversichtlich ist, rechnet fest damit, dass dies auch eintreten wird. Wer ein bisschen zuversichtlich ist, glaubt zumindest, dass es einen Weg dahin gibt. Hoffnung ist fast das Gleiche wie Zuversicht. Optimismus hingegen ist ein etwas breiterer Begriff. Er bedeutet, dass wir in allem das Gute sehen: in der Zukunft, in uns selbst und in der Welt.
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Wie wirkt sich Zuversicht auf mein Leben und mein Wohlergehen aus?
Zuversichtliche Menschen lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Sie glauben auch in widrigen Umständen daran, dass sich das Blatt noch zum Besseren wenden lässt. Eine albanisch-kosovarische Studie zeigt: Menschen, die vor dem Krieg flüchteten, konnten mit diesem schweren Schicksal umso besser umgehen, je zuversichtlicher sie waren. Sie passten sich besser an neue Lebensumstände an. Forschende aus Kansas fanden heraus, dass zuversichtliche Studierende deutlich erfolgreicher durchs College kommen als Kommiliton:innen mit gleichen Fähigkeiten, aber negativeren Erwartungen. Optimistischere Menschen sind sogar körperlich gesünder und erholen sich schneller von Krankheiten.
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Wo hört Zuversicht auf und fangen Illusionen an?
Wir dürfen Zuversicht nicht mit Blauäugigkeit verwechseln. Einfach nur zu glauben, dass es schon alles irgendwie gut wird, macht uns passiv. Eine US-amerikanische Erhebung unterscheidet moderate Optimisten von extremen Optimisten. Die moderaten Optimisten rauchten zum Beispiel weniger, achteten besser auf ihre Gesundheit und sparten mehr Geld. Extreme Optimisten rauchten hingegen mehr und gingen sehr verschwenderisch mit ihren Finanzen um. Sie glaubten, ihnen könne nichts passieren. Bei gesunder Zuversicht geht es nie darum, sich etwas einzureden. Vielmehr überprüfen wir, was möglich ist, und richten unsere Erwartungen danach aus. Mit dem Ziel einer guten Zukunft vor Augen arbeiten wir beharrlich daran, sie zu verwirklichen.
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Wie kann Meditation dabei helfen, eine gesunde Zuversicht zu entwickeln?
Gesunde Zuversicht beginnt immer damit, den Status quo anzuerkennen. Wir können uns fragen: Wie geht es mir? Wie fühle ich mich? Danach sind die Bedürfnisse dran: Was brauche ich? Wünsche ich mir mehr Freude und Leichtigkeit? Möchte ich mich sicher und geborgen fühlen? In einer Meditation können wir uns auf diese Wünsche und Bedürfnisse ausrichten. Wir wieder- holen dabei Sätze wie: „Möge ich glücklich sein.“ „Möge ich mit Leichtigkeit leben.“ Dabei sind wir aufmerksam für alle Bilder, inneren Kommentare und Gefühle. Wir lassen auch die schwierigen Gefühle und Zweifel zu und kommen doch immer wieder auf unsere Sätze zurück. So lernen wir, mit Hindernissen zu leben, ohne unsere Wünsche aus dem Herzen zu verlieren.
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Es gibt Situationen im Leben, in denen einem die Zuversicht durchaus abhanden kommen kann. Was hilft dann?
Zunächst ist es dann wichtig anzuerkennen, dass wir in einer schwierigen Situation oder Lebensphase sind. Manchmal trauen wir uns nicht, die schwierigen Gefühle zuzulassen. Wir haben Angst, sie würden uns oder andere überfordern. Oder glauben, sofort wieder funktionieren zu müssen. Gefühle so zu unterdrücken kostet jedoch viel Kraft. Wir können sie dann nicht so schnell verarbeiten. Es ist deshalb hilfreich zu erkennen: Schwierige Momente gehören zum Leben dazu. Die Emotionen, die wir dann haben, sind sehr menschlich. In diesem Bewusstsein können wir uns dem Schmerz gegenüber öffnen. Wir können den Körper spüren, die Gefühle zulassen und mit anderen darüber sprechen. Dadurch werden wir gelöster, das Herz wird freier. Es entsteht Raum, sich wieder auf die Zukunft zu besinnen.
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Manchmal möchte man nur die Decke über den Kopf ziehen – ist das immer kontraproduktiv?
Manchmal brauchen wir einfach etwas Ruhe. Wenn wir müde und erschöpft sind, ist es oft schwer, das Gute zu sehen. Anstatt dagegen anzukämpfen, sollten wir auf unseren Körper hören. Nach etwas Schlaf können wir die Sachen schon ganz anders betrachten. Auch angenehme Erlebnisse bringen uns auf andere Gedanken: ein warmes Bad, ein Spaziergang im Freien, aber vielleicht auch ein Abend mit der Lieblingsserie auf dem Sofa. Durch die Entspannung und angenehme Erlebnisse kommen die Botenstoffe im Gehirn wieder ins Gleichgewicht. Es fällt dann leichter, wieder auf das Gute zu schauen.
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Wie kann ich den Blick auf das Gute schulen?
Wir können uns fragen: Wofür bin ich dankbar? Das können wir uns innerlich beantworten oder auch täglich ein paar Dinge, für die wir dankbar sind, aufschreiben. Zahlreiche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass solche Dankbarkeitsübungen uns zufriedener machen. Wir üben den Fokus auf das Gute – und können es so auch in der Zukunft leichter erkennen. Um zuversichtlich zu sein, ist es auch sehr hilfreich, die eigenen Stärken zu kennen. Wir können dazu über Fragen reflektieren oder schreiben wie „Was mag ich an mir?“ oder „Was kann ich gut?“. Sich das bewusst zu machen ist nicht eitel oder egoistisch. Es hilft, sich an den eigenen Kräften zu erfreuen und sie einzusetzen – für uns und andere. Wenn wir lernen, die eigenen Erfolge anzuerkennen, bestärkt uns das auf unserem Weg und schafft Vertrauen in die Zukunft.
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Wie wichtig ist der Austausch mit anderen um zuversichtlich zu bleiben?
Es ist sehr wichtig, sich mit anderen zu verbinden. Wir stehen momentan vor enormen globalen Herausforderungen wie zum Beispiel dem Klimawandel oder auch Corona, die nie- mand allein lösen kann. Als Einzelne können wir da leicht die Hoffnung verlieren. Es braucht Menschen, mit denen wir gemeinsam die Probleme betrachten, unsere Sorgen und Gefühle teilen können. Mit denen wir Lösungen erörtern und in Aktion treten können. Bei privaten wie bei kollektiven Problemen gilt: Als einzelne Person verlieren wir in der Komplexität leicht die Übersicht. Wir haben nur eine beschränkte Perspektive. Gemeinsam sehen wir die Lage vollständiger und finden auch leichter Lösungen. Wir können zusammen Träume und Visionen entwickeln. In der Gruppe fühlen wir uns außerdem sicher. Wer sich geborgen fühlt, ist ruhiger. Und wer ruhig ist, kann klarer denken und Pläne für eine gute Zukunft entwickeln.
Foto: Unsplash, Leonie Krickhuhn