DIE NEUE FLOW!

Ab sofort am Kiosk oder per Post zu dir nach Hause bestellen:
die neue Ausgabe von Flow  ist da.

Die neue Flow liegt ab heute für dich am Kiosk! Oder du bestellst sie online zu dir nach Hause unter shop.flow-magazin.de. Das sind die Themen in diesem Heft:

An starken Vorbildern wachsen
Sie regen uns zu kühnen Träumen an, geben uns Orientierung und Halt. Warum Vorbilder gerade jetzt so wichtig sind und wie wir sie finden

Was machst du gerade?
Das haben wir drei Menschen gefragt, die uns inspirieren: Büchercafé-Gründerin Nora Batinić, Keramikerin Marilyne Blais und Model Nina Goldhammer

Lebenslauf: Elisa Klinkenberg
Wegen einer Verletzung musste sie ihre Profitennis-Karriere beenden. Dann entdeckte Elisa das Malen für sich. Wie es ihr hilft, Ansprüche loszulassen

Schattenseiten erforschen
Unter dem Begriff „Shadow Work“ beschäftigen sich immer mehr Menschen mit verborgenen Persönlichkeitsanteilen. Warum das guttut

Mein eigener Wert
Wie wir uns weniger vergleichen und unseren Selbstwert stärken, weiß Diplom-Psychologe Boris Bornemann

Meine Zukunft als Collage
Wie dir ein Visionboard helfen kann, dich auf deine Ziele und Träume zu fokussieren, und wie du es gestaltest

Trostrezept
Rotkohl-Kuchen mit Ziegenfrischkäse ist für Autorin Milena Krais das perfekte Gericht an kalten Wintertagen

Mehr Erfüllung finden beim Sex
Es gibt viele Gründe, warum die Lust auf Sex auf der Strecke bleiben kann. Wie wir sie wieder entfachen und was mehr Sinnlichkeit im Leben bewirkt

In Therapie
Diesmal erzählt Bente, wie sie nach der traumatischen Geburt ihres Sohnes und einem Zusammenbruch wieder Mut fand

Weniger erschöpft
Weil wir so vielen Reizen ausgesetzt sind, leiden viele unter Dauermüdigkeit. Gesundheitspsychologin Annemarieke Fleming plädiert für einen Kulturwandel – und der beginnt im Liegen

✂️ Papierextras: Collagenmaterial für dein Visionboard & ein Mini-Kalender gestaltet von Dide Tengiz

Das Titelbild hat die Illustratorin Mirjam de Ruiter gestaltet. Wir wünschen dir viel Freude beim Lesen und Entdecken!

LESEPROBEN aus der neuen FLOW

FLOW Nummer 87

An starken Vorbildern wachsen

Sie regen uns zu kühnen Träumen an, zeigen, wie wir uns nach Rückschlägen wieder aufrappeln oder über uns hinauswachsen können. Vor allem in unsicheren Zeiten wie diesen können Vorbilder uns Orientierung geben. Journalistin Yvonne Adamek hat sich auf die Suche gemacht, wo wir sie finden und was wir von ihnen lernen können.

Neulich saß ich in einer Fortbildung, bei der ich eigentlich lernen wollte, freier und entspannter vor Publikum zu reden. Um das zu üben, sollten wir uns in Zweierteams gegenseitig möglichst lebendig und ohne Vorbereitung erzählen, wer uns inspirierte und wen wir in unserem Leben als Vorbild bezeichnen würden. Um nicht schweigend dazustehen, plapperte ich irgendetwas von einer Kollegin, einer Nachrichtensprecherin, die ich als Kind mal kurz bewunderte, und von meiner Mutter. Doch auch wenn meine Mutter zweifellos eine wichtige Person in meinem Leben ist, fühlte es sich in dem Moment nicht richtig an, genau diese drei Menschen als meine Vorbilder zu bezeichnen. Und so kreisten meine Gedanken den Rest des Kurses und auch noch später auf dem Weg nach Hause um die Fragen: Wer sind eigentlich meine Vorbilder? Von wem habe ich etwas Wertvolles in meinem Leben gelernt? Und wie hat mich das beeinflusst?

NEUE WEGE GEHEN
Auf der Suche nach Antworten stoße ich zuerst auf die Theorie des sozialen Lernens von Albert Bandura. Sie ist nicht neu; bereits Ende der 1970er- Jahre fand der kanadische Psychologe heraus, dass Menschen vor allem durch Beobachtung lernen. Kinder, die Eltern, Lehrer:innen oder Prominente nachahmen, entwickeln bestimmte Verhaltensmuster, die ihre Persönlichkeit prägen. Doch nicht nur Kinder profitieren von Vorbildern, so Bandura. Auch Erwachsene, die sich beruflich oder persönlich weiterentwickeln wollen, suchen nach inspirierenden Persönlichkeiten, um sich an ihnen zu orientieren und Grenzen zu überwinden. Interessanterweise scheinen solche Menschen momentan relevanter denn je zu sein. „Unsere Welt ändert sich zurzeit in einem Tempo, dass einem regelrecht schwindelig werden kann“, erklärt mir die Psychoanalytikerin und Coachin Florence Lautredou. „Vieles, was bis gestern selbstverständlich schien, ist morgen schon nicht mehr gültig, und es wird zunehmend schwerer, sozialen wie technischen Entwicklungen zu folgen. In solchen Zeiten kann es helfen, ein Vorbild zu haben, das den Weg weist oder einfach etwas Halt gibt.“

Foto: Shutterstock

Wen wir bewundern, sagt dabei viel über unsere Wünsche und Ziele aus. Wenn wir uns mit den Fähigkeiten und Stärken einer Person identifizieren, zeigt das oft, wohin wir beruflich oder privat streben. Vorbilder dienen also als eine Art mentales Modell, eine Vorlage, die unser Verhalten beeinflusst und uns hilft, bestimmte Werte und Fähigkeiten zu internalisieren und in unser alltägliches Verhalten einzubauen. Mit dieser Definition im Hinterkopf fallen mir beim Grübeln über meine bisherigen Vorbilder tatsächlich einige Frauen aus meiner Vergangenheit ein, die meinen bisherigen Lebensweg beeinflusst haben. Zum einen war da meine Philosophie- Lehrerin, die mir mit ihrer freien und unkonventionellen Art zu unterrichten beibrachte, über das Bekannte hinauszudenken und für meine Überzeugungen einzustehen. Außerdem beeindruckten mich meine Klassenkameradinnen Jenny und Katja, die Saxofon spielten und Kampfsport betrieben und außerdem in meinen Augen auch noch unendlich schön und cool gekleidet waren. Ansonsten habe ich in meiner Jugend wie wohl viele Teenager jedoch vor allem zu berühmten Menschen aus der Öffentlichkeit aufgesehen. Die Sängerin und Songwriterin Peaches zum Beispiel war ein Idol für mich oder die Gitarristin Melissa Auf der Maur. Beide imponierten mir vor allem wegen ihrer Kompromisslosigkeit. Sie weigerten sich, gängigen Schönheitsidealen zu entsprechen, und setzten in einer maßgeblich von Männern dominierten Branche neue Maßstäbe.

AUTHENTISCH SEIN
Was all die Frauen gemeinsam hatten zu denen ich aufblickte? Vor allem waren sie sehr stark in ihrer Authentizität. Sie waren alle ein wenig anders als der Durchschnitt und trugen dieses Anderssein stolz wie eine Trophäe vor sich her. Sie alle haben mir geholfen, mich selbst ein wenig besser zu verstehen und keine Angst davor zu haben, auch mal nicht in bestimmte Normen hineinzupassen, und ich selbst zu sein. Bis heute trage ich diese Vorbilder in meinem Herzen und lasse mich manchmal auch immer noch von ihnen leiten.

Genau dazu seien Vorbilder da, sagt Florence Lautredou. In ihrer Praxis erlebt die französische Therapeutin regelmäßig, wie wichtig es ist, zu bestimmten Menschen bewundernd aufzuschauen. Es trägt sogar zu unserem Wohlbefinden bei. „Studien zeigen, dass Bewunderung die verschiedensten Hormone in unserem …

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Flow Nummer 82

zurück ins gleichgewicht

Psychische Probleme haben oft mit unserem Arbeitsumfeld zu tun oder äußern sich dort. Das nehmen immer mehr Unternehmen ernst und unterstützen die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden, indem sie Onlinesitzungen mit Psycholog:innen organisieren

Der schönste Tag des Jahres 2022 war für mich der, als ich mit einem Freund in seinem kleinen grünen Subaru über holprige Landstraßen durch die ungarische Landschaft tuckerte, ein paar Stunden Fahrt von meinem Wohnort Budapest entfernt. Es war Juni, die Sonne schien, und überall blühte der Holunder – das war auch der Grund für unseren Ausflug. Mit einer Heckenschere bewaffnet stieg ich irgendwo neben einer Wiese aus und machte mich auf die Suche nach den duftenden weißen Büschen. Am Ende des Tages kehrten wir mit zwei großen Ikea Taschen voller Holunderblüten zurück nach Hause; meine Latzhose war vorne ganz gelb vom Blütenstaub, und ich glücklich.

INNERES BLUMENPFLÜCKEN
In dem Buch Tomorrowmind, geschrieben von der Ärztin Gabriella Rosen Kellerman und dem Psychologen Martin Seligman, stieß ich später auf einen Erklärungsansatz für das Glücksgefühl, das ich an diesem Tag verspürte: Von allen Aufgaben, die es gibt, ist mein Kopf scheinbar am besten zum Pflücken wilder Blumen geeignet. Denn die Entwicklung des menschlichen Gehirns verläuft langsam; evolutionär betrachtet haben wir sozusagen erst vor Kurzem begonnen, unseren Lebensunterhalt auf moderne Art und Weise zu verdienen. 200 000 Jahre lang waren wir Jäger:innen und Sammler:innen (was in der Praxis vor allem bedeutete, Wildpflanzen zu pflücken), dann 10 000 Jahre lang Bäuerinnen und Bauern. Erst vor 300 Jahren begann das Industriezeitalter, in dem sich unser Arbeitsalltag allmählich dahin veränderte, wie wir ihn heute als moderne Menschen des 21. Jahrhunderts kennen.

Foto: Shutterstock

Ein normaler Arbeitstag in meinem Leben sieht – wie bei wahrscheinlich vielen anderen auch – ganz anders aus als jener Tag im Juni: Ich verbringe ihn in der Regel allein und sitze die überwiegende Zeit am Computer. Wenn überhaupt, gehe ich nur für einen kurzen Spaziergang durch die städtische Umgebung vor die Tür. Nachdem ich viel gearbeitet habe, kann ich mich nur selten aufraffen, Leute zu treffen, und verbringe abends deshalb noch mehr Zeit alleine. Diese Umstände hätten eine unmittelbare Auswirkung auf mein psychisches Wohlbefinden, argumentiert Martin Seligman. Würde ich hingegen jeden Tag mit einem Freund Holunderblüten ernten, ginge es mir viel besser.

Dass unser tägliches Arbeitsumfeld einen großen Einfluss auf unsere Psyche hat, erkennen zum Glück immer mehr Unternehmen. Gleichzeitig wächst das Verständnis für psychische Beschwerden, und es gibt ein Bewusstsein dafür, dass wir uns auch dann innerlich schlecht fühlen können, wenn wir produktiv arbeiten oder unsere Kolleg:innen mit einem fröhlichen „Hallihallo!“ begrüßen. Oft liegt das an Faktoren im Privatleben, mit denen umzugehen gerade schwerfällt und die dann wiederum ins Arbeitsumfeld hinüberschwappen. So oder so können wir mental beeinträchtigt sein, ohne an einer Krankheit zu leiden, sagt die Psychologin Helen van Empel. „Die Vorstellung, dass man entweder ‚etwas hat‘ oder nicht, ist heutzutage überholt.“

Aus diesem Grund hat van Empel 2020 das Unternehmen Yet gegründet, das psychologische Hilfe in einzelnen Onlinesitzungen anbietet. Zu den Kunden zählen neben Privatpersonen auch immer mehr Arbeitgebende, denen die mentale Gesundheit ihrer Angestellten am Herzen liegt. Sie können über die Plattform eine Therapiestunde mit zertifizierten Psycholog:innen für ihre Mitarbeitenden buchen, wenn deren Probleme über das hinausgehen, was sich im Arbeitskontext lösen lässt. Das Besondere: Schon ein einziges vertrauliches Gespräch mit den Expert:innen soll dabei helfen, die aktuelle Situation zu verbessern.