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Kreative Selfies

Die #ToonMe Challenge lockt Kreative auf der ganzen Welt vor die Kamera. Was steckt dahinter?

In den sozialen Netzwerken tauchen seit einigen Monaten immer neue Beiträge unter dem Hashtag #toonmechallenge auf. Frauen und Männer laden Selfies von sich hoch. Zur Hälfte sind diese jedoch kunstvoll entfremdet: Bestandteile des ursprünglichen Fotos werden mithilfe von digitalen Zeichenprogrammen nachempfunden, Kleidung, Hintergrund und Utensilien wie Ohrringe oder eine Sonnenbrille hinzugedichtet. Daraus ergibt sich ein illustriertes Selbstporträt – zumindest zur Hälfte.

Ich als Cartoon

Einer der Ersten, der zur #ToonMe Challenge aufrief, war der mexikanische Illustrator René Córdova (@rene_cordova). An seinem Schreibtisch entwirft er regelmäßig neue ­Comicfiguren, unter anderem für den amerikanischen Verlag Marvel. Eines Tages kam er auf die Idee, ein Selfie von sich als Vorlage zu nutzen. Im Januar dieses Jahres veröffentlichte er auf seinem Instagram-Account ein Selbstpor­trät, das zur Hälfte ein Foto, zur Hälfte gezeichnet war, und versah es mit den Worten #toonme und #challenge. Dass er mit seinem spontanen Kreativprojekt den Anstoß für ­eine ganze Welle origineller #ToonMe-Posts liefern würde, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht: „Ich hätte ­niemals damit gerechnet, dass sich so viele Leute an #ToonMe beteiligen“, sagt René.

„Es ist toll, die Künstler hinter den schönen Zeichnungen zu sehen.“

Inzwischen findet man allein auf Instagram fast 250000 Bilder zu #ToonMe. Keines gleicht dem anderen: Manche sind verblüffend realistisch gezeichnet, andere farbenfroh, verspielt oder abstrakt wie ein Comic, wieder andere ­greifen auf einen minimalistischen Zeichenstil zurück. Es gibt keine Regeln oder Vorgaben, und jeder, der mitmacht, kann seine eigenen Ideen einbringen. Diese Offenheit macht den Bilderwettbewerb so vielfältig und lebendig.

Zur Hälfte fantasie

Vielleicht gefällt #ToonMe vielen auch deshalb so gut, weil es Kreative und Künstlerinnen vor die Kamera lockt, die sonst in erster Linie ihre Werke zeigen. Illustratorin Sara Faber (27, @sarafaber_) aus Berlin ist eine von ihnen. Sie sagt: „Die Idee von #ToonMe mochte ich gleich sehr. Man hat ja normalerweise selten ein Bild vor Augen, wer hinter all den schönen Zeichnungen auf Instagram steckt. Einmal den echten Künstler zu sehen und wie er oder sie sich selbst zeichnet, finde ich interessant.“ Sara selbst hat ebenfalls einen Beitrag zur #ToonMe Challenge hochgeladen und damit die Gelegenheit genutzt, sich der Gemeinschaft zu zeigen.

Und noch etwas ist außergewöhnlich an #ToonMe: Die Kunstwerke, die dabei entstehen, erzählen mehr über die fotografierte Person als ein gewöhnliches Selfie. Bloggerin Magdalena Armata (30, @polenkapl) etwa hat ihre Leidenschaft für Blumen zum Thema ihres #ToonMe-Bildes gemacht. Die gebürtige Polin lebt in der Schweiz und betreibt dort den DIY-Blog Polenka. Polenka ist gleichzeitig auch ihr Spitzname: „Das steht im Polnischen für Feldblumen und Wiesen. Ich finde, die Natur bringt die schönsten Muster hervor. Das wollte ich auf meinem Bild unbedingt auch zeigen“, sagt sie.

Auch Illustratorin Svetlana Shendrik (33, @svetalugreen) aus Rjasan in Russland hatte Spaß daran, sich zur Abwechslung mal selbst zu zeichnen. Sie wählte ein Urlaubsfoto und sagt: „Es erinnert mich an die Ferien und eine wunderbare Zeit am Meer.“ #ToonMe habe ihr außerdem gezeigt, wie viele Gleichgesinnte es auf der ganzen Welt gibt, die sich gegenseitig stärken und unterstützen.

Text: Sarah Klüß,
Selfies: @courtneyahndesign @svetalugreen @lacrime_di_colori @franzizo @adriannewalujo.o @tessalloyd @sarafaber_ @alice__chevalier @haras.nitram @michelullen @atogrzywa @polenkapl @lybertinn @conniegabbert @angelacristie