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Grenzen setzen – Bornemann

Achtsamkeit für jeden Tag

Grenzen setzen

Anderen gegenüber klarzumachen, was wir wollen und was eben auch nicht, macht uns zufriedener und letztlich sogar offener. Wie das geht, sagt Boris Bornemann

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Wieso fällt es uns oft so schwer, Grenzen zu setzen?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, was einem am Herzen liegt. Was sind meine Werte und Bedürfnisse? Wann wird es mir zu viel? Dazu muss ich mich selbst kennen und auch wertschätzen. Glaube ich selbst nicht, dass ich ein erholsames Wochenende verdiene, werde ich schwer ablehnen können, wenn ein Freund um Hilfe bei einem Umzug bittet – obwohl ich bereits überlastet bin. Zudem fürchten wir oft, dass andere uns ablehnen, wenn wir unsere Grenzen markieren.

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Wie kann ich lernen, meine Grenzen zu erkennen, bevor ich mich überlastet fühle?

In der Meditation können wir uns selbst kennenlernen, indem wir zum Beispiel über die Frage reflektieren: Was ist mir wirklich wichtig? Das hilft, die eigenen Werte und Prioritäten zu sortieren. Oder wir erkunden unsere Gefühle: Wie geht es mir in meinem Job, in meiner Beziehung? Was laugt mich aus, was macht mir Freude? Wer im Alltag auf Körperempfindungen und Gefühle achtet, bemerkt besser, wenn Grenzen überschritten werden, und kann schneller reagieren. Außerdem kultiviert Meditation Freundlichkeit mit uns selbst. Sich selbst wertzuschätzen hilft dabei, weniger vom Zuspruch der anderen abhängig zu sein. Wir ertragen es auch mal, nicht gemocht zu werden.

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Wie kann ich ohne schlechtes Gewissen Nein sagen?

Es hilft, sich klarzumachen, dass es kein egoistischer Akt ist, Grenzen zu markieren. Im Körper gibt es viele Milliarden Grenzen. Jede Zelle hat ihre Membran. Sie hält innen, was nach innen gehört, und hält fern, was dort nichts zu suchen hat. Ohne diese Grenzen würde der gesamte Organismus kollabieren. Wenn wir uns schützen und mit unseren Ressourcen haushalten, tun wir also immer auch etwas für das große Ganze. Wir bleiben ansprechbar und können anderen helfen. Grenzen haben ein schlechtes Image. „No borders, no nations“, sagt man – dahinter steckt die verständliche Sehnsucht nach Verbundenheit. Aber Grenzen können auch Schutz bieten. Nur wenn es die Möglichkeit gibt, Türen zu verschließen, fühlen wir uns sicher genug, jemanden hinein­zulassen.

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Wie gelingt es im Alltag konkret, Grenzen zu setzen?

Erst mal müssen wir bemerken, wenn wir über unsere Grenzen gehen. Anspannung im Kiefer oder im Nacken oder innere Unruhe können ein Signal dafür sein, kurz innezuhalten, einen tiefen Atemzug zu nehmen, den Körper zu spüren und zu fragen: Was fühle ich? Welches Bedürfnis ist vielleicht gerade verletzt? Das nach ­Ruhe und Erholung? Fühlen wir uns nicht gesehen oder anerkannt? Können wir uns nicht so ausdrücken, wie wir wollen? Das zu erkennen ist die Grundlage dafür, dass wir für uns selbst einstehen. In der Kommunikation mit anderen ist es gut, Grenzen klar zum Ausdruck zu bringen, aber zugleich empathisch und wertschätzend zu sein. Zum Beispiel: „Ich sehe, dass es bei dir gerade eng ist, und würde dich gern unterstützen. Aber leider habe ich zurzeit selbst sehr viel zu tun.“ Oder: „Ich mag dich sehr, aber ich kann dir momentan nicht helfen.“

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Können Grenzen mir auch dabei helfen, wieder in einen besseren Kontakt zu mir selbst zu kommen?

Grenzen sorgen dafür, sich selbst nicht zu überfordern. Sie schaffen Raum, sich selbst zu fühlen. Nur wenn ich nicht ständig Angst haben muss, dass andere in meinen Raum eindringen, kann ich mich fallen lassen; kann wirklich genießen, was in mir vor sich geht. Eine feste Meditationsroutine im Alltag zu verankern ist eine sehr gute Gelegenheit, das zu lernen. Wir nehmen uns Zeit für uns selbst. Um in uns hineinzuhorchen, uns etwas Gutes zu tun und zu kultivieren, was uns wirklich wichtig ist. Wir müssen diese Zeit oft gegen andere Ansprüche verteidigen. Andere wollen etwas von uns oder wir haben das Gefühl, dass wir uns diese Zeit nicht erlauben dürfen. Jeden Tag so für die eigenen Bedürfnisse einzustehen, jeden Tag seelisches Wohlergehen zu priorisieren, ist eine hervorragende Übung in mitfühlender Selbstbehauptung.

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Wie gehe ich mit einer wütenden oder enttäuschten Reaktion um?

Besonders wenn wir uns früher häufig selbst vernachlässigt haben, um anderen zu gefallen, kann neues, selbstbewussteres Auftreten für Irritationen sorgen. Es ist gut, das Verhalten dann noch einmal zu überprüfen: Wenn wir von außen auf die Situation schauen, haben wir dann den Eindruck, dass wir so handeln, wie es uns persönlich richtig und gut erscheint? Wenn ja, dann können wir den Angriff auf unsere Grenzen als eine Gelegenheit verstehen, noch selbstbewusster für sie einzutreten. Auch hierbei gilt wieder: Hart in der Sache, freundlich zur Person. Wir können Mitgefühl für die Schwierigkeiten des anderen zeigen. Und dennoch sehr klar darin sein, was wir wollen und was nicht.

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Wie kann ich die Grenzen anderer achten?

Oft betrachten wir andere Personen durch die Brille unserer eigenen Bedürfnisse. Wir wollen, dass sie uns lieben und anerkennen. Dass sie etwas für uns tun oder uns etwas geben. Das ist vollkommen normal. Aber es ist gut, sich dessen bewusst zu sein. Kurz innezuhalten, die eigenen Wünsche zu fühlen und die Aufmerksamkeit auch zur anderen Person zu lenken. Ihr genau zuzuhören, sie anzuschauen und zu versuchen zu erkennen, was sie gerade braucht. Wenn wir uns gegenseitig als freie Individuen betrachten, tut uns das selbst gut. Denn wir machen uns nicht abhängig. Und es ist sehr wohltuend für den anderen, denn er fühlt nicht den Druck, unsere Bedürfnisse ­befriedigen zu müssen. Anstatt einer einen­genden Umarmung entsteht so ein freier, verspielter Tanz, der letztlich alle Beteiligten glücklicher macht.

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Sind Grenzen immer sinnvoll oder gibt es auch Momente, in denen ich mich öffnen sollte?

Grenzen sind kein Selbstzweck. Sie dienen dazu, das zu schützen, was uns wirklich wichtig ist. Sichere Räume zu bauen, in denen wir uns fallen lassen und auch mal jede Schutzhaltung aufgeben können. Das erfordert Vertrauen. Das stellt sich in der Regel vor allem in engen Beziehungen oder Freundschaften ein. Wenn wir in uns ruhen, wissen, was wir wollen und was nicht, können wir leichter mit offenem Herzen durch die Welt gehen. Wir bemerken schneller, wenn uns jemand zu nahe tritt. Wir brauchen aber keine dicken Mauern zu bauen, die uns selbst einengen und uns von der Welt abschneiden. Wir sind jederzeit frei, das Herz zu öffnen oder es eben auch zu verschließen.

Fotos: Plainpicture, Julia Baier (Porträt)

Geduldiger werden – Bornemann

Achtsamkeit für jeden Tag

Geduldiger werden

Auf etwas warten zu müssen kann uns ganz schön auf die Probe stellen. was dir in solchen Situationen hilft, die Ruhe zu bewahren, erfährst du von Boris Bornemann

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Was bedeutet Geduld überhaupt?

Geduld ist die Fähigkeit, auf etwas zu warten, was wir uns wünschen, oder aber mit etwas Unangenehmem zu leben. Entscheidend ist dabei der Gemütszustand. Geduldige Menschen nehmen zwar wahr, dass etwas unangenehm ist oder sie eine starke Sehnsucht haben, können das Leben aber trotzdem weiter genießen. Früher hieß diese Fähigkeit auch Langmut, was bedeutet: Wir können über lange Zeit guten Mutes bleiben, auch wenn nicht immer alles so läuft wie geplant.

Illustration: Lieke van der Voors

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Warum ist Langmut im Alltag hilfreich?

Interessant ist erst mal, dass sie sich schon im Kindesalter messen lässt, zum Beispiel mit dem sogenannten Marshmellow-Test. Man gibt Kindern einen Marshmellow und stellt sie vor die Wahl: Entweder du isst ihn jetzt gleich. Oder du wartest eine Viertelstunde und bekommst dann noch einen zweiten dazu. Menschen, die mit vier Jahren besser warten können, kommen auch als Teenager besser in der Schule zurecht. Sie haben eine größere Frustrations­toleranz, gelten als beherrschter und zeigen auch objektiv bessere Leistungen. Und eine indische Studie legt nahe, dass beharrliche Menschen auch zufriedener sind. Nicht nur, weil sie ihre Ziele erreichen. Sondern auch, weil sie ruhiger und ausgeglichener sind. Das ist eine gute Voraussetzung für das Glück.

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Gerade auf die schönen Dinge im Leben warten wir oft ungern. Warum?

Wenn wir uns etwas Schönes vorstellen, ist es für das Gehirn so, als wäre es bereits zum Greifen nahe. Es wird Dopamin ausgeschüttet. Das Schöne dann nicht zu bekommen führt zu Frustration, es ist fast, als würde es uns aus der Hand gerissen. Deshalb sollten wir uns bewusst machen, wie wir die Ungeduld durch unsere Gedanken anheizen. In der Corona-Zeit kommt noch die Unsicherheit hinzu. Das Gefühl, dass sich etwas nicht klar voraussehen lässt, aktiviert in unserem Gehirn das sogenannte anteriore Cingulum und im Körper das sympathische Nervensystem. Beides soll uns helfen, die Situation durch besondere geistige und körperliche Anstrengungen zu klären. Wenn das aber nicht geht, kann die Energie nirgendwo hin und wir erleben sie als Stress.

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Wie helfen Meditation und Achtsamkeit, geduldiger zu werden?

Meditation ist ein sehr guter Weg, Geduld zu üben. Mit unserer Aufmerksamkeit im Körper und im Atem zu ruhen, bringt uns ins Hier und Jetzt. Wir bemerken so eher, wenn wir uns in Sehnsüchten und Fantasien verlieren. Wir ­können dann auch erforschen: Wie fühlt sich dieses Bedürfnis an? Was passiert bei mir, ­genau jetzt? So können wir spüren, wie lebendig uns diese Bedürfnisse machen, statt weiter darüber zu klagen, dass gerade nicht das ­passiert, was wir wollen. Diese lebendige Energie können wir nutzen, um das umzusetzen, was gerade möglich ist und auf das wir nicht warten müssen. Wir können uns auch fragen, wofür wir dankbar sind, und so dem Gefühl des Mangels etwas entgegensetzen. Das hilft uns zu erkennen, dass eine ganze Menge in unserem Leben bereits gut ist. Dadurch entsteht auch Kraft, Schwierigkeiten anzugehen.

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Was kann ich noch tun, um mich in Geduld zu üben?

Das Wichtigste ist zunächst, die Ungeduld zu bemerken. Spannst du den Kiefer an, wirst innerlich unruhig oder ­wackelst mit dem Fuß? Hast du Gedanken, die dich antreiben? Erzählst du dir gerade die Geschichte, dass du erst glücklich sein kannst, wenn du dein Ziel erreicht hast? Oder dass Warten beim Arzt total nervig ist? Dann atme tief durch, spüre deinen Körper und mach dir klar, dass diese Unruhe durch deine eigenen Gedanken erzeugt wird. Was zunächst wie eine Schuldzuweisung klingt, ist tatsächlich sehr ermächtigend. Denn du hast den weiteren ­Verlauf in der Hand. Wende dich dir freundlich zu. Spüre deinen Körper und beschreibe dir selbst deine Gefühle. In ihnen liegt die Energie, die du in diesem Moment nutzen kannst. Du kannst dich fragen, was dir jetzt guttun würde. Vielleicht etwas lesen? Weiter den Körper spüren und die Zeit für eine kleine Meditation nutzen?

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Im Moment geht vieles nicht, was wir uns wünschen. Was hilft, die Durststrecke zu überwinden?

Wenn wir von einem Urlaub träumen, in den wir gerade nicht fahren können, oder von Veranstaltungen, die jetzt so nicht stattfinden, können wir uns fragen: Um welches Bedürfnis geht es dabei genau? Und gibt es vielleicht alternative Wege, um es auszuleben? Manche Menschen erfreuen sich an ­Tätigkeiten, bei denen sie langsam, aber stetig etwas erschaffen – sich um Pflanzen kümmern oder etwas nähen. Solche Tätigkeiten beruhigen und trainieren uns in Geduld. Aber vielleicht willst du auch lieber laut Gitarre spielen, tanzen oder ­intensiv Sport treiben – und damit kreativ dein Bedürfnis ausdrücken, dich zu spüren und intensiv zu erleben.

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Manchmal erweist sich eine ­Aufgabe als ungemein zäh. Wie bleibe ich trotzdem dran?

Wenn wir mit einem Artikel, einer Abschlussarbeit oder einem kniffligen Problem ringen, ist es kurzfristig erleichternd, sich abzulenken. Und auch ganz aufzugeben kann sehr verführerisch sein. Man wäre die ganze Anstrengung los. Aber nach der Erleichterung kommt oft die Reue. Das Gefühl, nicht wirklich für seine Träume und Wünsche einzustehen. Das sollten wir uns bewusst machen. Meditationserfahrung hilft in solchen Momenten sehr. Wir können die Körperempfindungen beobachten, die Anspannung und die Unruhe, und wissen, dass das vorübergeht, wenn wir beharrlich voranschreiten. Es ist außerdem wichtig, sich für die Mühe zu belohnen, nicht für das Ergebnis. Leg am besten schon vorher fest, wie lange du arbeiten willst, und mach regelmäßig kurze Pausen, zum Beispiel alle vierzig Minuten.

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Wie sehr beeinflusst unsere Umgebung unsere Fähigkeit zu warten?

Neuere Untersuchungen des Marshmellow- Tests zeigen, dass die Fähigkeit von Kindern zu warten sehr stark von ihrem ­Elternhaus abhängt. Geht es zu Hause verlässlich und gerecht zu, können sie auch dem Versuchsleiter vertrauen. Müssen sie aber ständig Sorge haben, dass ihr Bruder ihnen den Marshmellow wegisst, während sie auf den zweiten warten, oder dass die Mutter sich das mit der Belohnung noch mal anders überlegt, nehmen sie lieber, was sie kriegen können. Sofort und ohne Rücksicht auf die Zukunft. Wenn wir also faire und sichere Umgebungen schaffen, sind wir alle etwas entspannter. Was beim Warten im Supermarkt oder beim Arzt zudem hilft, ist genügend Raum. Gestresst und ungehalten werden wir nämlich besonders dann, wenn andere Menschen uns zu nahetreten.

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Was lehrt uns die Corona-Krise in Sachen Geduld?

Vielleicht, dass gegenseitige Rücksichtnahme allen guttut. Dass dadurch alles etwas ruhiger und freundlicher passiert. Wir haben auch gesehen, dass wir Wünsche aufschieben können, wenn es um ein wichtiges Ziel geht. Ich hoffe, dass uns das hilft, mit den kommenden Umbrüchen umzugehen. Denn wenn wir unsere Gesellschaft ­gerechter und nachhaltiger gestalten wollen, müssen wir uns auf einige Veränderungen einstellen. Nicht alles wird sofort klappen und auf einiges werden wir warten müssen. Aber wenn wir uns alle an den Wert des Ziels erinnern, können wir gemeinsam beharrlich sein und Erstaunliches erreichen.

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Wie beeinflusst Geduld mein Wohlbefinden?

Wer geduldig ist, lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Biologisch heißt das: Unsere Kampf- und Fluchtimpulse werden weniger stark aktiviert. Unser Zustand wird stärker vom Parasympathikus, unserem beruhigenden Nervensystem, dominiert. Der erlaubt unseren Organen zu regenerieren. Das Herz schlägt langsamer und variabler, ist insgesamt gesünder. Wer entspannt ist, ist auch kreativer und behält leichter den Überblick. Wir sind schwingungsfähiger, können uns leichter auf andere einstellen. Ihnen auch mal ihre Fehler und Eigenheiten nachsehen. Das stärkt unsere Beziehungen. Wer geduldig ist, kann fester mit seinen Werten und Zielen verwurzelt bleiben, auch wenn die Zeiten stürmisch sind. Geduld gibt uns Kraft. Sie hilft uns, unsere Träume zu verwirklichen.

Illustration: Lieke van der Voorst, Foto: Julia Baier

 

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INFOS

Seiten300
FormatGeheftet
Höhe280
Breite220
Artikelnr.066555
VerlagDMM
ProduktgruppeBuch